Zuletzt aktualisiert am 4. August 2017 um 22:32
Am 14.10.2009 lief im NDR-Medienmagazin „Zapp“ das Stück über „Die Not der freien Journalisten“. Am Montag war die Autorin mit einem Kamerateam fünf Stunden hier, viele Einstellungen, viele Aufnahmen, vieles nochmal, Interviews und Drehs im WDR-Hörfunkstudio, in der Fußgängerzone und bei mir im Büro. Was draus geworden ist steht hier auf der Seite unter Links und unter:
https://www3.ndr.de/flash/zapp/interactivePlayer.html?xml=zappsendung142-interactiveBroadcasts.xml&sr=zapp&bid=journalist102
Im Blog der Sendung „Zappenduster“ habe ich folgenden Kommentar hinterlassen:
Von 5 Stunden Dreh und vielen Gesprächen vor der Kamera sind im Beitrag ein paar Sekunden übrig geblieben. Die Arbeitsbedingungen für freie Journalisten werden tatsächlich schwieriger: immer weniger Geld für immer mehr Arbeit. Themen, Texte, Fotos und Radioaufnahmen mehrfach zu verwerten, wie ich es in dem Beitrag sage, löst das Problem nur zum Teil. Die Ansprüche der Redaktionen steigen trotz sinkender oder stagnierender Honorare. Der Wettbewerb um Hörer/innen, Zuschauer/innen und Leser/innen wird schärfer. Deshalb wollen sich die Redaktionen profilieren, in dem sie andere Themen anders aufbereiten, als die „Konkurrenz“. So wird es für die freien Journalisten schwieriger, die gleiche Geschichte an mehrere Abnehmer zu verkaufen.
Gleichzeitig müssen die Redaktionen mit immer weniger Angestellten immer mehr produzieren. So hat dort kaum noch jemand Zeit, sich die Themenvorschläge der „Freien“ anzusehen und darauf zu reagieren. Ich verschicke Angebote, telefoniere hinterher, erreiche die Redakteurin oder den Redakteur mit viel Glück beim 10. oder 15. Versuche um dann zu erfahren, dass er oder sie „noch keine Zeit hatte, den Themenvorschlag zu lesen“. Das geht so oft über Wochen, manchmal über Monate bis das Thema vielleicht gar nicht mehr aktuell ist. Viele Redaktionen wollen gar keine Angebote mehr, weil sie kein Budget dafür haben oder weil niemand die Zeit findet, sich mit den Vorschlägen zu beschäftigen.
Warum das alles? Das Mediengeschäft wandert ins Internet ab. Die Leute lesen, gucken und hören online. Deshalb kaufen sie immer weniger Zeitungen und Zeitschriften. Die Anzeigenkunden folgen den Leser/innen ins Netz. Aber im Internet verdienen nur sehr wenige Verlage Geld. So versuchen sie, ihre Kosten zu verringern, indem sie Redakteure entlassen und Stellen streichen. Dazu kommt der Shareholder-Value-Druck auf die Verlagsmanager. Die meisten Verlage sind an der Börse notiert. Wenn die Rendite sinkt, fällt der Aktienkurs und der Manager zittert um seinen Job. Oft reicht es schon, die Erwartungen der Anleger nicht zu erfüllen. Selbst satte Gewinne lassen die Aktienkurse sinken, weil „Anleger mehr erwartet hatten“.
Die Internet-User haben sich derweil daran gewöhnt, im Netz alles kostenlos zu bekommen. Warum also zahlen. Und wie soll man kleine Summe, etwa 1 oder 2 Euro für einen Artikel (wie es die Süddeutsche Zeitung zum Beispiel anbietet) online abrechnen? Noch fehlt ein einfaches, schnelles und kostengünstiges Bezahlsystem im Internet.
Für freie Journalisten lohnt es sich nicht, online-Content (also Texte, Fotos etc. fürs Internet) zu liefern. Die Honorare sind noch niedriger, als bei gedruckten Medien. Und: was einmal im Netz für alle zugänglich steht, druckt niemand mehr. Weiterverwerten kann ich Online-Texte also nicht. Genug gejammert, muss weitermachen 😉
Eine Antwort auf „Meine späte Karriere als Fernsehstar ;-)“
Danke für den Tipp! Es ist in der Tat frappierend, dass das Internet nicht zu einer Dezentralisierung des Wissens geführt hat, sondern eine Konzentration im Mediensystem noch verschärft – mit den geschilderten Folgen für die Journalisten.