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Ungehört und nicht gesehen – Alltag in Dunkelheit

Wer sich in der Gesellschaft nicht gehört und nicht gesehen fühlt, gibt irgendwann auf, verliert das Vertrauen in Demokratie, geht nicht mehr wählen oder wendet sich rechtsextremen Parteien zu. Woher kommt die Enttäuschung? Antworten gibt dieser Beitrag.

Vor allem Menschen in prekären Lebensverhältnissen fühlen sich in unserer Gesellschaft nicht gehört und nicht gesehen. Viele klinken sich aus, gehen nicht mehr zur Wahl oder stimmen für Parteien wie die AfD, die die Demokratie abschaffen wollen. Kathrin Kühn und Robert B. Fishman haben einige, auch überraschende Gründe dafür gefunden. Und sie liefern Ideen, wie man Menschen, die sich nicht wahrgenommen fühlen, wieder zum Mitmachen in der Gesellschaft gewinnen kann.

Unsere Systemfragen-Sendung im Deutschlandfunk dazu könnt Ihr / können Sie hier nachhören.

Die Demokratie erreicht viele Menschen nicht mehr. Sie haben aufgegeben, gehen nicht mehr wählen oder stimmen für Rechtsextremisten. Damit beschleunigt sich der Zerfall der Gesellschaft. Meist steckt Enttäuschung dahinter und Frustration, entstanden aus dem Gefühl, nicht gehört zu werden und „sowieso nichts ändern zu können“. Die meisten dieser Leute leben in prekären Verhältnissen: Armut, geringe Bildung, wenig soziale Kontakte. All das hängt zusammen.

Um für die Demokratie Verlorene zurückzugewinnen, braucht es echtes Interesse aneinander und viel Geduld, um Vertrauen wieder aufzubauen. Ausgrenzung löst keine Probleme. Wer Bürgergeldempfänger*innen pauschal als faul und arbeitsscheu darstellt, spaltet das Land.

Armut und Ausgrenzung zerfressen die Menschen von innen.

„Armut“, sagt etwa der Sozialwissenschaftler Holger Schoneville von der Uni Duisburg-Essen, durchdringe den gesamten Alltag der Betroffenen:

Weihnachten zum Beispiel beginne für Familien in Armut schon im Frühjahr. „Und zwar als Sorge.“ Als Sorge vor den Kosten und mit der Angst, nicht mithalten zu können und den Anschluss zu verlieren. Viele mieden Einladungen, weil sie sich Geschenke und Rück-Einladungen nicht leisten können. So geraten sie immer tiefer in Isolation und Selbstzweifel und Scham:

Und diese Schamgefühle, die zerfressen Menschen von innen, weil sie zurückziehen, das Gefühl haben, unter ihnen solle ein Loch aufgehen, sodass man verschwinden kann.

Von Robert B Fishman

freier Journalist, Autor (Hörfunk und Print), Fotograf, Moderator, Reiseleiter und mehr

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