Zuletzt aktualisiert am 17. September 2017 um 9:38
Chisinau, Moldau. Stadt der Gegensätze – an selbstgezimmerten Ständen verkaufen alte Frauen kleine Büschel Grünzeug, an der nächsten Ecke die teuren Markenläden, Handyläden mit den neuesten Smartphones und Berge von billigem Ramsch in einem unendlich scheinenden Labyrinth von Ständen.
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Im Stadtpark suchen junge Studenten Anschluss an die Zukunft: „Hyde Park“ nennen sie ihr Projekt. Sie stehen mit Mikrofon und Lautsprecheranlage am Brunnen unter einer Laube. Wer mag singt, schreit oder berichtet frei raus, was ihn oder sie bewegt: Von seinem Leben, seinen Problemen, im Alltag, im Studium oder mit der Politik. Eine junge Frau greift zum Mikro, singt leise und schüchtern zu einem Song aus den Charts. Ein Gewitter beendet ihren Auftritt. 2009 ließ die kommunistische Regierung die Hyde-Park Aktivisten noch verhaften. Von dem Geld, das sie in einem Prozess gegen die Regierung deswegen gewonnen haben, finanzieren sie ihr Projekt. Die neue pro-westliche Regierung lässt sie ihre Ruhe.
Vor dem Regierungsgebäude am acht Spuren breiten Boulevard Stefan der Große stehen zwei Zelte mit Spruchbändern. „Ich kampiere hier, bis ich die Wohnung bekomme, die mir zusteht“, erzählt der 22jährige blinde junge Mann, der sich Dennis nennt, in holprigem Englisch. Auch seine Schwester sei schwerbehindert. Obwohl seine Familie längst auf der Warteliste für eine Sozialwohnung auf den ersten Platz vorgerückt sei, hätten andere die Wohnung bekommen. „Korruption“ berichtet er sachlich. Seit 13 Tagen zelte er hier, sein Nachbar im Zelt unter der blau-gelb roten Nationalflagge sogar schon seit 10 Monaten. „Ich bin Invalide des Transnistrien-Kriegs von 1992“, steht auf dessen Schild vor seinem Zelt. Unterstützung bekomme er keine.
Beide sammeln sie Geld für eine Bleibe. Die Polizei lässt sie in Ruhe. „Das französische Fernsehen war schon da“, freut sich Dennis, ein britischer Reporter ebenfalls.