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Ein Häuflein Ewiggestriger marschiert eine Stadt in den Ausnahmezustand

Bielefeld: Ein Häuflein Ewiggestiger marschiert eine Stadt ind den Ausnahmezustand. Polizei riegelt für einen rechten Aufmarsch ganze Innenstadt ab.

Zuletzt aktualisiert am 13. November 2018 um 15:01

Bielefeld, im November 2018: Eine ganze Innenstadt wird zur Sperrzone, weil eine Horde Rechtsradikaler mit Reichsfahnen für eine penetrante Holocaust-Leugnerin mitten durch die Innenstadt ziehen darf

Kette bayerischer Polizisten vor einer Demonstration gegen einen Aufmarsch der Partei „Die Rechte“ für die Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck in Bielefeld, 10.11.2018, Foto: Robert B. Fishman

Gespenstische Stimmung: Über der Stadt kreisen Polizeihubschrauber.  Die vierspurigen Durchgangsstraßen hat die Polizei weiträumig abgesperrt. Vor dem Rathaus, am Hauptbahnhof und am zentralen Jahnplatz richten Wasserwerfen ihre Kanonen auf fröhliche Demonstranten für Toleranz und ein buntes Deutschland, die sich hinter Absperrgittern drängen. Auf den menschenleeren Straßen stehen Polizistenmit ihren Pferden und Einsatzfahrzeugen bis aus Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und NRW. 1700 Polizisten sind im Einsatz, viele in voller Kampfmontur, weil  (nach Polizeiangaben 400) Rechtsextremisten mit schwarz-weiß-roten Reichsfahnen für ihre Gesinnungsgenossin Ursula Haverbeck demonstrieren. Die 90jährige sitzt im Gefängnis, nachdem sie seit Jahren penetrant den Holocaust und andere Nazi-Verbrechen leugnet.  

Gemeinschaft der Geschichtsverleugner

 

Demonstration der rechtsextremistischen Partei „Die Rechte“ für die wegen Volksverhetzung inhaftierte Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck in Bielefeld, 10.11.2018, Foto: Robert B. Fishman

Im Grünstreifen vor dem Landgericht stehen sie im Kreis mit ihren Fahnen und den Bildern der Inhaftierten, die sie zur Widerstandskämpferin stilisieren: Die meisten junge Kerle, viele mit ausdruckslosem Blick, auf der Suche nach Halt in einer vermeintlichen Gemeinschaft, die gegen die „Unterdrückung der Meinungsfreiheit“ und die „Demütigung des deutschen Volkes“ kämpft. Ein trister Haufen, der sich und seine Gesinnungsgenossen zu Opfern einer „Meinungsdiktatur“ in der BRD stilisiert, während eine ganze Armee von Polizisten eben dieses Staates ihren Aufmarsch auf Kosten aller Steuerzahler beschützt. Ein Redner brüstet sich damit, dass die Gegendemonstranten den Marsch der Rechten nicht stoppen konnten. 

Bunt und Weltoffen statt Schwarz-Weiss-Rot

Demonstration gegen einen Aufmarsch der Partei „Die Rechte“ für die Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck in Bielefeld, 10.11.2018, Foto: Robert B. Fishman

Aus weiter Ferne weht der Wind die Protestreden der rund 10.000 Gegendemonstranten herauf. Ein Anwohner hat seine Lautsprecher ins Fenster gestellt und spielt Hannes Waders Lied vom Rattenfänger gegen die Reden von falschen Helden, „politischen Gefangenen“ und den angeblich einst „besseren Zeiten“. Ein Liedermacher singt gegen Kapitalismus und Ausbeutung.

Demonstration der rechtsextremistischen Partei „Die Rechte“ für die wegen Volksverhetzung inhaftierte Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck in Bielefeld, 10.11.2018, Foto: Robert B. Fishman

Meine Frage nach dem Grund, warum er hier sei, beantwortet einer von ihnen mit den vielen Missständen im Land: Flüchtlinge, die Menschen umbrächten und Deutsche, die für 1300 Euro brutto im Monat Vollzeit arbeiten müssten. Im nahen Paderborn habe ein Möbelhaus geschlossen und die Leute seien nun arbeitslos. Ob unter schwarz-weiss-rot irgend etwas davon besser gewesen sei, sagt er nicht.

Demonstration gegen einen Aufmarsch der Partei „Die Rechte“ für die Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck in Bielefeld, 10.11.2018, Foto: Robert B. Fishman

Als Journalist komme ich mit dem Presseausweis problemlos durch die meisten Absperrungen, wechsle die Seiten und verstehe nicht, was diese Typen wirklich wollen. Ist es ihre Vorstellung von Freiheit, die Verbrechen des NS-Regimes zu leugnen und den Opfern ins Gesicht spucken zu dürfen? Warum reicht es, einfach nur Mensch zu sein statt nach einem Vaterland zu rufen.

Wäre es besser, diese Verblendeten ins Leere der Nichtbeachtung marschieren zu lassen? Ich weiß es nicht.

Kritik am aufwändigen Polizeieinsatz kam von vielen Seiten, ebenso an der Aussage von Stadt und Polizei, man hätte den Marsch der Rechten mitten durch die Innenstadt nicht verbieten können.

Demonstration gegen einen Aufmarsch der Partei „Die Rechte“ für die Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck in Bielefeld, 10.11.2018, Foto: Robert B. Fishman
Man mit schwarz-weiß-rotenm Hut in Reichsflagge auf einer Demonstration der rechtsextremistischen Partei „Die Rechte“ für die wegen Volksverhetzung inhaftierte Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck in Bielefeld, 10.11.2018, Foto: Robert B. Fishman

Von Robert B Fishman

freier Journalist, Autor (Hörfunk und Print), Fotograf, Moderator, Reiseleiter und mehr

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