Zuletzt aktualisiert am 3. April 2016 um 10:10
Wenn „gutsituierte Wutbürger“ ihre freundliche Maske fallen lassen
Brabandt gegen Sozialwohnungen auf Marktplatz
Offener Brief: Urologe kritisiert in einem Schreiben an Bezirksbürgermeister Detlef Knabe die Idee der Verwaltung, Häuser für Flüchtlinge im Schildescher Ortskern bauen zu lassen
Bielefeld-Schildesche (ako). Die Bauverwaltung empfiehlt, dass auf dem sogenannten Marktplatz an der Beckhausstraße Sozialwohnungen errichtet werden sollten (NW vom 19. März). Beim Erstbezug sollen diese Häuser Flüchtlingen zur Verfügung gestellt werden. Mit einem Brief an Bezirksbürgermeister Detlef Knabe (SPD) kritisiert der Schildescher Urologe Frederik de Brabandt diesen Vorschlag. Er selbst wohnt nicht weit entfernt vom Platz an der Beckhausstraße. Hier der Brief in Auszügen:
„Ich habe mit vielen Bürgern und Geschäftsleuten aus Schildesche gesprochen, die über die Planung ebenfalls ihr Unverständnis und ihre Betroffenheit geäußert haben und nicht bereit sind, die Planung zu akzeptieren, und sich hiergegen mit allen verfügbaren juristischen Mitteln zur Wehr setzen werden. (…)
Es ist unvorstellbar, dass die Stadt ausgerechnet in dieser zentralen Lage Sozialwohnungen für Flüchtlinge errichten will. Die Bezirksvertretung hat bisher zu recht alle Versuche abgewehrt, dieses ganz besondere Grundstück in dieser historischen Lage zubauen zu lassen.
So hätte beispielsweise ein Investor keine Chance zur Umsetzung dieser Pläne gehabt, der auf dem Areal hochwertigen, der Lage angepassten Wohnraum hätte schaffen wollen für Bürger, die ihr Leben lang nicht vom, sondern für den Staat gelebt und gearbeitet haben und ihren Lebensabend stadtnah verbringen möchten.
Das, was die Stadt ihren verdienten Steuerzahlern versagt, wollen Sie jetzt zur Bewältigung der Flüchtlingsproblematik einsetzen, die unsere Regierung durch die historische Fehlleistung der Kanzlerin und ihre planlose ,,Wir schaffen das“-Politik zu verantworten hat.“ (…) Die Politiker sollten nicht auf die „Vergesslichkeit der Wähler“ „spekulieren“.
Ich bin mir mit vielen Schildescher Geschäftsleuten und Freunden einig, dass diese Ungleichbehandlung nicht zu akzeptieren ist.“ Er wolle dafür „kämpfen, dass der historische Ortskern von Schildesche in seiner jetzigen Form erhalten bleibt und nicht durch ein in Billigbauweise errichtetes Großprojekt verändert und möglicherweise zu einem neuen, sozialen Brennpunkt gemacht wird.
Ich bin mir sicher, dass sich bei weiterer Verfolgung der jetzt veröffentlichten Pläne hiergegen eine Bürgerinitiative bilden wird und gegen eine Planungsänderung eine Normenkontrollklage erhoben und gegen Baugenehmigungen auf dem Verwaltungsrechtsweg vorgegangen werden wird.“
De Brabandt fordert die Bezirksvertretung auf, sich dafür einzusetzen, dass die Pläne nicht weiter verfolgt werden.
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Mein Leserbrief dazu:
Fremdschämen hilft hoffentlich
Herr de Brabant hält sich für etwas Besseres. Warum? Zum „Leistungsträger“ konnte er werden, weil ihm jemand sein Medizinstudium finanziert hat: seine Eltern, Bafög oder ein anderes Stipendium – und weil die Gesellschaft, kostenlose Studienplätze bereit stellt. Seine anscheinend großzügig bemessenen Honorare bestimmen Krankenkassen, kassenärztliche Vereinigungen und der Gesetzgeber. Bezahlt werden sie von den Versicherten. So hat er das Glück, zu den Bessergestellten zu gehören. Andere, über die er sich so abfällig äußert, hatten diese Chance aus den unterschiedlichsten Gründen nicht.
Die Überheblichkeit, mit der in seinem Brief „Menschen die ihr Leben lang nicht vom, sondern für den Staat gelebt und gearbeitet haben“ über diejenige stellt, die (zeitweise) von Sozialleistungen leben (müssen), widert mich an. Der deutsche Gesetzgeber zwingt die Flüchtlinge zur Untätigkeit, obwohl die meisten lieber arbeiten würden, als in einer Unterkunft monatelang nur auf ihre Asylbescheide zu warten. Ihnen diese Situation vorzuwerfen ist zynisch. Dabei vergisst de Brabant, dass Integration nur gelingt, wenn Zuwanderer verteilt in „normalen“ Wohngebieten unter Einheimischen leben. Gefährliche Immigrantenghettos wie in den Banlieus im Pariser Nordosten, im Norden Marseilles oder ganz aktuell in den Brüsseler „Problemvierteln“ brauchen wir nicht. Natürlich kann Herr de Brabant der Meinung sein, dass der „Marktplatz“ an der Beckhausstraße nicht bebaut werden soll. Dafür mag es gute Gründe geben. Seine hier vorgebrachten „Argumente“ sind keine. Als Schildescher Bürger kann ich mich für einen solchen Nachbarn nur fremdschämen.
Eine Antwort auf „Arzt protestiert gegen Flüchtlingsunterkunft“
… BRAVO !!!!!!! – Lesen und sich darüber im Stillen schämen hätte nicht geholfen! –
Ob dieser Arzt einen finanziell schlechter gestellten Menschen dann nicht behandelt, um dem Staat (der Krankenkasse) nicht auf der Tasche zu liegen??? –
Da es überall Menschen gibt, die mit dem Studienende ihr Gefühl für ein Miteinander an der Pforte abgegeben haben.. –
werde ich das sofort für Dich „posten“!! –