Zuletzt aktualisiert am 15. Dezember 2020 um 10:19
Mein Radiofeature in den Deutschlandfunk-Zeitfragen, Stand: Sept 2020:
Fünf deutsche Städte bewarben sich um einen begehrten Titel: Den der „Kulturhauptstadt Europas“. Jeweils ein Jahr lang darf sich eine Stadt aus den alten EU-Ländern oder Norwegens Kulturhauptstadt Europas nennen. Hinzu kommt eine Stadt den seit 2004 der Union beigetretenen Staaten oder aus Serbien. 2024 geht der Titel nach Österreich, 2025 nach Deutschland. Die Jury hatte die Wahl zwischen Chemnitz, Nürnberg, Hannover, Hildesheim und Magdeburg. Am 28. Oktober 2020 fiel die Entscheidung. Die Siegerin: Chemnitz. Wie Politik und Proporz die Entscheidung beeinflusst haben und welche Rolle das hochbezahlte Netzwerk von „Berater*innen“ und „Kulturmanager*innen“ dabei spielt, fragt inzwischen nicht nur die Süddeutsche Zeitung. Zumindest „a Gschmäckle“ hat das Vergabeverfahren schon.
Kulturhauptstadt Europas: Das Wir-Gefühl stärken
Seit 1985 ernennt die Europäische Union Kulturhauptstädte Europas. Die Initiative soll den Reichtum und die Vielfalt der Kulturen in Europa zeigen. Außerdem soll das „Wir“-Gefühl in der EU gestärkt und die Entwicklung von Städten unterstützt werden. Anfangs ging es vor allem um den Glanz Europäischer Metropolen wie Paris oder Berlin. Inzwischen erhalten den Titel vor allem Städte aus der zweiten Reihe. Oft sind es ehemalige Industriestandorte, die versuchen, sich mit Kultur und Tourismus ein neues Image und wirtschaftliches Standbein zu verschaffen.
Überraschungen aus dem Off
2004 war die nordfranzösische Industriestadt Lille Europas Kulturhauptstadt, 2008 die norwegische Ölstadt Stavanger und das bis dahin verarmte, heruntergekommene Liverpool. Es folgten die einstige Stahlkocher-Stadt Linz und das litauische Vilnius. 2010 trugen Essen und das Ruhrgebiet zusammen mit dem ungarischen Städtchen Pecs und Istanbul den Titel. Selbst kaum bekannte Orte wie das friesische Leeuwarden 2018, das wallonische Mons 2015, Plowdiw (Bulgarien) 2019 oder das verwunschene Granitstein-Städtchen Guimaraes in Portugal 2013 katapultierten sich als Europäische Kulturhauptstädte auf die kulturelle Landkarte des Kontinents. Manche profitieren bis heute von dem Titel, den sie ein Jahr lang trugen. Andere verbrannten viel Geld und waren schon bald danach wieder vergessen. In meiner Reportage für die Zeitfragen des Deutschlandfunk Kultur bin ich der Frage nachgegangen, was der Titel „Kulturhauptstadt Europas“ den Städten bring und für wen sich der Aufwand lohnt. Viel Spaß beim Nachhören: